Freitag, 26. April 2024

Lotto-Skandal in China: 17,3 Milliarden Euro unterschlagen?

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In China bahnt sich ein Lotto-Skandal gewaltigen Ausmaßes an. Medienberichten zufolge haben korrupte Verantwortliche die zwei staatlichen Lotterien in den letzten Jahren um umgerechnet 17,3 Milliarden Euro betrogen. Die Ermittler gehen davon aus, dass über 100 hochrangige Offizielle in den Betrug verwickelt sind.

Der Skandal reicht bis in höchste Regierungskreise, denn im letzten Jahr wurde mit Li Liguo bereits der für die Lotterien zuständige Minister gemeinsam mit seinem damaligen Vertreter wegen der Billigung von „systematischer Korruption“ entlassen und unter Hausarrest gestellt.

Offizielle Stellen bestreiten, dass es sich tatsächlich um die genannten Summen handeln würde. Die von Behördensprechern als „unangenehme Taten“ bezeichneten Vergehen werden jedoch nicht geleugnet. Das hat zur Folge, dass in der Öffentlichkeit bereits diskutiert wird, ob es sich nicht tatsächlich um viel höhere Beträge handeln könnte. Ein Kommentator machte seinem Ärger in den sozialen Medien Luft:

Sie haben sich auch immer schon gewundert, warum Sie noch nie etwas im Lotto gewonnen haben? Ganz einfach, weil die ganzen Gewinnsummen von korrupten Offiziellen eingesteckt wurden!

Der öffentliche Aufschrei ist umso verständlicher, wenn man bedenkt, dass das Glücksspiel in China fast vollständig verboten ist und den Bewohnern nur wenige Schlupflöcher zum Zocken bleiben.

Glücksspiel in China: Nur Lotto ist erlaubt

Die einzige Ausnahme zum Glücksspielverbot bilden zwei Lotterien, bei denen die Chinesen legal mit Geld spielen dürfen. Dabei handelt es sich um die Wohlfahrtslotterie und die Sportslotterie. Beide stehen unter behördlicher Aufsicht und werden von den staatlichen Stellen selbst veranstaltet.

In Macau ist Glücksspiel erlaubt
Die ehemalige portugiesische Kolonie Macau ist in China die große Ausnahme, denn in der 600.000 Einwohner-Stadt dürfen Chinesen nach Herzenslust zocken. Jährlich zieht es über 31 Millionen Besucher aus China und der ganzen Welt in die chinesische Sonderverwaltungszone. Das Spielerparadies hat deshalb Las Vegas längst den Rang als Welthauptstadt des Glücksspiels abgelaufen. 2017 erwirtschaften die Casinos von Macau 29,25 Milliarden Euro, während sich die Stadt in Nevada mit 23,22 Milliarden Euro begnügen musste.

Die Verteilung der Lottoeinnahmen ist streng geregelt. 50 % der Umsätze werden an die Spieler ausgeschüttet, während 35 % der Einnahmen wohltätigen Zwecken zugutekommen und 15 % für Organisation und staatliche Abgaben gezahlt werden.

Auch Art und Umfang der verteilten Summen sind festgelegt: Die Wohlfahrtslotterie unterstützt vielfältige soziale Projekte und karitative Verbände im gesamten Land. Im Gegensatz dazu spendet die Sportslotterie ihre Einnahmen für den Bau von Sportanlagen und zur Ausbildung des Nachwuchses. Gemeinsam erwirtschaften die beiden Lotterien über 50 Milliarden Euro im Jahr.

Die laufenden Ermittlungen sind kein Einzelfall

Die aktuellen Ermittlungen sind nicht die ersten Maßnahmen, die sich gegen Korruption und Unterschlagung im chinesischen Lottogewerbe wenden. Ein vergleichbarer Fall erregte bereits Ende Oktober das Interesse der Öffentlichkeit, als mit Feng Lizhi ein weiteres hochrangiges Mitglied aus dem chinesischen Lotterie-Business verhaftet worden war.

Polizisten China

China geht verstärkt gegen Korruption vor (Bild: Wikipedia)

Der Manager ist ein ehemaliger Direktor im Innenministerium und war für die Verteilung von Geldern der Wohlfahrtslotterie verantwortlich. Die Vorwürfe gegen ihn und weitere Manager aus der Behörde und den Lottogesellschaften sind beachtlich: So soll die Gruppe zwischen 2012 und 2014 ausstehende Lottogewinne in Höhe von etwa 2,2 Milliarden Euro unterschlagen und auf eigene Konten verschoben haben.

Die internen Ermittlungen begannen laut Medienberichten bereits 2016. In diesem Zusammenhang muss sich auch Feng Lizhis ehemaliger Chef vor Gericht verantworten. Wang Suying und seine zwei Vorgänger werden beschuldigt, in ihrer Rolle als Direktoren der Wohlfahrtslotterie Einnahmen zweckentfremdet und Bestechungsgelder angenommen zu haben.

Allen Beschuldigten droht im Falle einer Verurteilung langjährige oder gar lebenslängliche Haft. Mit den drakonischen Strafen und einem verschärften Vorgehen versucht die chinesische Regierung, die grassierende Korruption zu bekämpfen und Nachahmer abzuschrecken.

Unabhängig von den aktuellen Fällen boomt das Lottogewerbe in China. So lagen die Umsätze im September 15,1 % über den Zahlen des Vorjahresmonats. Und von Januar bis September wuchsen die Einnahmen im Jahresvergleich um 7,3 % auf umgerechnet über 38 Milliarden Euro, was China nach den USA zum zweitgrößten Lotto-Markt der Welt macht.

Lotto-Betrug auch in Europa

Lotto Milano

Auch in Italien wurde betrogen (Bild: lotto.it)

Wer glaubt, dass sich das Problem von Unterschlagung und Betrug im Lotto auf China beschränkt, der irrt. So betrog eine Verbrecherclique in den 1990er Jahren in Italien Spieler und den Staat um über 130 Millionen Euro. Die Gruppe bestand aus korrupten Beamten, ihren Komplizen bei den Lotto-Veranstaltern sowie Angehörigen der Mafia.

Die Betrüger hatten sich als lohnendes Ziel die Mailänder Lotterie ausgesucht, bei der Kinder mit verbundenen Augen die Glückszahlen ziehen. Durch Manipulation der Augenbinden gelang es den vorher instruierten Kindern, immer bestimmte Bälle mit den vorher festgelegten Zahlen zu ziehen.

Dazu wurden die Bälle zum Teil vorher erwärmt, damit sie von den Kindern leichter identifiziert werden konnten. Diese einträgliche Masche funktionierte über Jahre und spielte der Bande Millionen ein, bis sie von Ermittlern enttarnt wurde. Angesichts der in China diskutierten Summen erscheint dieser Skandal jedoch fast wie ein minderschweres Delikt.