Sonntag, 08. Dezember 2024

Glücksspiel in der EU: Regel-Chaos für Anbieter durch fehlende Konformität?

EU-Flaggen in Straßburg Neue Studie zeigt starke Unterschiede bei der Glücksspiel-Gesetzgebungen in den EU-Staaten (Bild: Flickr/TeaMeister/CC BY 2.0)

Die gesetzliche Regulierung des Glücksspiel-Sektors in der Europäischen Union obliegt den einzelnen Mitgliedsstaaten. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Follow-Up-Studie [Seite auf Englisch] der City University of London variieren die Vorgaben zu Spieler- und Jugendschutz in den 27 EU-Staaten in der Folge stark. Für international operierende Glücksspiel-Anbieter stelle dies eine Herausforderung dar.

Auftraggeber der Studie ist der europäische Glücksspiel-Verband EGBA. Bereits 2018 hatten die Autoren in einer ersten Untersuchung einen EU-weiten Überblick über die Glücksspiel-Gesetzgebung gegeben. Seither haben weitere Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, die Niederlande und Schweden, das Online-Glücksspiel legalisiert. Prinzipiell ist das Online-Glücksspiel damit heute in allen EU-Staaten legal.

Bereits 2014 hatte die EU-Kommission das Ziel erklärt, die Regulierung der Branche so weit wie möglich zu vereinheitlichen. Dabei entstand die Empfehlung der Kommission mit Grundsätzen für den Schutz von Verbrauchern und Nutzern von Online-Glücksspieldienstleistungen und für den Ausschluss Minderjähriger von Online-Glücksspielen Text von Bedeutung für den EWR (2014/478/EU).Diese gilt noch immer als der einzige offizielle Leitfaden für Spieler- und Jugendschutz im Glücksspiel.

Das Ergebnis der Studie damals wie heute: Jedes Land setze im Rahmen seiner nationalen Glücksspiel-Gesetzgebung einen Teil, aber nicht alle der EU-Empfehlungen um. Das einzige Land, welches sich aktuell an alle Empfehlungen halte, sei Dänemark.

EGBA begrüßt allgemeinen Fortschritt

Grundlegend ähnelten sich die meisten der nationalen Glücksspiel-Gesetze in vielen für den Spielerschutz wichtigen Punkten. In mindestens 10 Staaten seien die Spieler- und Jugendschutz-Maßnahmen innerhalb der letzten drei Jahre dabei deutlich verbessert worden.

Die EGBA begrüßt diese Entwicklung. Gleichzeitig wünsche sich der Verband für die Zukunft ein staatenübergreifendes standardisiertes Regelwerk. Generalsekretär Maarten Haijer kommentiert:

Wir begrüßen die Fortschritte in Bezug auf die Stärkung der Spielerschutz-Regeln in den EU-Staaten. In vielen Bereichen stimmen die regulatorischen Prinzipien überein, aber es gibt auch eine zunehmende Fragmentierung, wie die Regeln umgesetzt werden und das macht die Compliance kompliziert, wovon der Verbraucher letztendlich nicht profitiert. Ein einheitlicherer regulatorischer Rahmen wäre sicherlich für alle von Vorteil.

Die Studie habe jedoch darüber hinaus auch gezeigt, dass es in einigen Spielerschutz-Bereichen noch Verbesserungsbedarf gebe. Das betreffe vor allem Präventions-Maßnahmen und den Zugang zu Hilfsangeboten, so Haijer.

Wesentliche Unterschiede im Detail

Know Your Customer – Welche Infos müssen Anbieter einholen?

Alle Mitgliedsstaaten verpflichteten lizenzierte Glücksspiel-Anbieter dazu, von ihren Kunden gewisse Daten zu erfragen und sammeln. Mindestanforderung in der gesamten EU ist für Spieler die Angabe von Name und Geburtstag. Mit Ausnahme von drei Staaten (Estland, Lettland und Österreich) müssen die Glücksspiel-Anbieter in der EU auch die Angabe eine Wohnadresse verlangen.

12 Staaten verlangen die Angabe einer Telefonnummer und/oder einer E-Mail-Adresse. 10 Staaten, darunter auch Deutschland, verlangen die Angabe einer Nationalität.

Selbst- und Fremdausschluss

In allen EU-Staaten müssen die Glücksspiel-Anbieter ihren Kunden die Möglichkeit eines Selbstausschlusses bieten. In 14 Staaten, darunter Belgien, Dänemark, Deutschland und die Niederlande, kann der Ausschluss auf Antrag von Dritten erfolgen. In fünf Ländern, u.a. Frankreich und Spanien, bedürfe es dabei einer richterlichen Zustimmung.

Starke Unterschiede gebe es bei der Mindestdauer eines Ausschlusses. Während diese in Frankreich beispielsweise bei sieben Tagen liege, fielen in Deutschland und Lettland 12 Monate an.

In allen Ländern könne ein Ausschluss auf Lebenszeit widerrufen werden. In fünf Staaten, darunter Frankreich und Italien, könne eine ein temporärer Ausschluss nicht abgebrochen werden.

Werbung an ausgeschlossene Glücksspieler

Nicht alle EU-Staaten setzten die Empfehlung um, Glücksspiel-Werbung, die sich an gesperrte Spieler richtet, gesetzlich zu verbieten. Lediglich in 12 Staaten, darunter Dänemark, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Spanien und Schweden, gebe es ein derartiges Werbe-Verbot.

Ein Totalverbot jedweder Glücksspiel-Werbung hingegen gebe es lediglich in Italien. Dies entspreche allerdings nicht den Empfehlungen der EU.

Hinweise auf Hilfsangebote

11 Staaten verpflichteten ihre Glücksspiel-Anbieter den vom Glücksspiel ausgeschlossenen Spielern Informationen über Hilfsangebote zuzusenden. In 17 Staaten, z.B. Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Schweden, müssten Kontaktinformationen und Links zu Hilfsangeboten direkt auf den Glücksspiel-Webseiten angezeigt werden.

Temporäre Spielerkonten

Eine der EU-Empfehlungen bezieht sich auf die Existenz temporärer Spielerkonten. Diese ermöglichen es Nutzern, bereits unmittelbar nach der Registrierung und damit vor Verifizierung ihrer Daten Geld einzuzahlen und zu spielen.

Die EU empfiehlt, temporäre Spieleraccounts für maximal 30 Tage zu erlauben. In 14 Staaten, darunter Belgien, Österreich und die Niederlande, seien diese der Studie zufolge jedoch gesetzlich verboten.

Glücksspiel-Anbieter in einigen Ländern straffrei?

Große Unterschiede habe es in den letzten drei Jahren in Bezug auf die Strafverfolgung von Glücksspiel-Anbietern bei Verstößen gegen geltende Gesetze gegeben. 2019 und 2020 seien in Estland, Deutschland, Österreich und Slovenia keinerlei Strafen verhängt worden. Spitzenreiter 2019 war mit 544 Strafen Rumänien. 2020 wurden die meisten Strafen (335) in der Slowakei und Zypern ausgesprochen.