Dienstag, 10. Dezember 2024

NRW: Ende des Online-Casino Verbots wegen Westspiel-Privatisierung?

Landtag Düsseldorf|Spielbank Aachen|Merkur-Spielothek

NRW prüft im Zuge der geplanten Privatisierung der Westdeutschen Spielbank GmbH (Westspiel) weitere Casino-Standorte und die Freigabe von Online-Glücksspielangeboten. Dies soll aus internen Arbeitspapieren des Landes NRW hervorgehen.

Aus staatlichen in private Hände

Vier Casinos, in Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund und Duisburg, gehören zur landeseigenen Westspiel. Geht es nach der schwarz-gelben Landesregierung Nordrhein-Westfalens, geht das Unternehmen mittelfristig in private Hände.

Laut Medienberichten prüft die Politik nun Schritte, die die Westdeutsche Spielbank GmbH attraktiver für potenzielle Käufer machen könnten. Es geht um den massiven Ausbau von Standorten und ein mögliches Kippen des Verbots von Online-Casinos.

Westspiel rechnet sich nicht mehr

Hintergrund sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen die Westspiel seit Jahren zu kämpfen hat:

Nahm das Unternehmen im Jahr 2008 noch über 150 Millionen Euro vor allen Abzügen ein, waren es 2017 nur noch 94,5 Millionen, Tendenz leicht steigend.

Im Jahr 2014 fuhr die Westspiel ihren Negativrekord mit einem Bruttospielertrag von unter 90 Millionen ein und sorgte mit ihren Geldbeschaffungsmaßnahmen für Aufsehen:

Um ihre defizitären Spielbanken zu sanieren versteigerte sie zwei Gemälde des Künstlers Andy Warhol im New Yorker Auktionshaus Christie´s.

Die Bilder, die zuvor als Wertanlagen im Depot der Spielbank Aachen verwahrt worden waren, brachten 151,1 Millionen US-Dollar ein. 16,1 Millionen hiervon entfielen als Prämie auf das Auktionshaus, 80,6 Millionen Euro stopften die Löcher der Spielbanken, 28 Millionen gingen an das Land NRW.

Im Anschluss feierte die Westspiel eine „After-Warhol-Party“ für 77.000 Euro, im Jahr darauf ein Event in einem Autohaus für weitere 75.000 Euro. Die Öffentlichkeit rieb sich die Augen.

Für Aufschwung sollte eigentlich der Bau eines Großcasinos in Köln sorgen, doch der für 2018 geplante Baustart verschiebt sich immer wieder aufgrund auftretender Schwierigkeiten.

Inwieweit Käufer dem Projekt gegenüber positiv eingestellt sind, lässt sich nicht sagen, derzeit scheinen die Privatisierungspläne eher blockierend zu wirken.

Westspiel-Privatisierung: Derzeit nicht attraktiv genug

Nun geht es also darum, die landeseigene Westdeutsche Spielbank GmbH, die der NRW-Bank gehört, möglichst schnell loszuwerden. Das Problem: In ihrer derzeitigen Verfassung ist die Westspiel für Käufer kein lohnendes Investment.

Hieraus macht auch Mario Hoffmeister, Sprecher des Spielautomatenkonzerns Gauselmann, der prinzipielles Interesse an der Westspiel angemeldet hat, keinen Hehl:

Wenn alles so bliebe wie es ist, würde keiner die Spielbanken übernehmen. Auch wir können nicht übers Wasser gehen.

Online-Lizenzen und mehr Casinos für NRW?

Die nun von der Politik ins Auge gefassten Maßnahmen sollen da Abhilfe schaffen:

So werden einerseits Pläne für bis zu 11 weitere Spielbankstandorte diskutiert. Als Kriterium soll die Einwohnerzahl der jeweiligen Regierungsbezirke gelten. Der Bezirk Köln könnte so beispielsweise mit insgesamt fünf Casinos rechnen, statt wie bislang einem in Aachen.

Und auch die Öffnung des Online-Glücksspiels steht laut Kölnischer Rundschau auf der Agenda der anstehenden Verhandlungen.

Anpassung von Spielbankgesetz und Glücksspielstaatsvertrag?

Spielbank Aachen

Eine der Westspiel-Spielbanken: Das Casino im Neuen Kurhaus in Aachen (Quelle:Geolina, licensed under CC BY-SA 4.0)

Beide Maßnahmen könnten nur mit einem neuen nordrhein-westfälischen Spielbankgesetz installiert werden und der Glücksspielstaatsvertrag  wird derzeit von den Bundesländern verhandelt.

Dieser schreibt derzeit noch ein Komplettverbot des Online-Glücksspiels vor.

Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hessen haben aber bereits signalisiert, sich für eine Öffnung des Marktes einsetzen zu wollen.

Die Haltung NRWs zu dieser Frage war bislang nicht klar einzuschätzen, die jetzigen Entwicklungen lassen aber die Vermutung zu, dass auch das einwohnerreichste Bundesland sich ebenfalls für eine Liberalisierung der Glücksspielrichtlinien einsetzen wird.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag soll ab 2021 gelten, bislang hat die zuständige Ministerpräsidentenkonferenz noch keine konkreten Vorschläge veröffentlicht.

Der Verkauf der Westspiel ist für 2020 geplant.

Gauselmann bekräftigt Interesse – Spielerschützer sind skeptisch

Die Gauselmann-Gruppe jedenfalls sieht die angedachten Veränderungen der gesetzlichen Vorgaben mit Wohlwollen und zeigt sich offen für einen Kauf, sollte das Land nachlegen:

Je mehr man die Braut aufhübscht, desto interessanter wird sie.

Inwieweit der angedachte Verkauf dem Spielerschutz und den Bürgern NRWs zugutekäme, bleibt dahingestellt.

Merkur-Spielothek

Merkur-Betreiber Gauselmann zeigt Interesse an der Westspiel-Privatisierung (Quelle:Graf Foto, licensed under CC BY-SA 3.0)

Ilona Füchtenschneider-Petry, Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht und Leiterin der Koordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW, seht die Pläne der schwarz-gelben Landesregierung kritisch.

Sowohl die Freigabe des Online-Casino-Verbots als auch die Einführung weiterer Spielbank-Standorte erhöhten das Risiko der Spielsucht. Ihrer Meinung nach ist ein kleiner, gut regulierter und kontrollierter Glücksspielmarkt die beste Prävention vor der Sucht.

Und auch Prof. Tilman Becker, Leiter der Forschungsstelle für Glücksspiel der Uni Hohenheim meldet Skepsis an.

In seinen Augen werde sich ein privater Betreiber sicher weniger um den Spielerschutz als um seinen Profit sorgen, lässt der Wissenschaftler wissen.

Gesetzesänderungen? Die Politik hält sich bedeckt

Ob der Landtag in Düsseldorf sich tatsächlich für die Öffnung des Glücksspielmarktes und die Vergabe weiterer Spielbanklizenzen einsetzen wird, ist derzeit ebenso wenig sicher wie die Frage, ob es einen direkten Zusammenhang zu den Verkaufsplänen der Westspiel und den Interessen möglicher privater Käufer gäbe.

Das Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen äußerte sich nicht zu der Frage, ob die Legalisierung von Online-Casinos in Betracht gezogen würde.

Und auch das Land NRW hielt sich bedeckt: Man verhandle den neuen Glücksspielstaatsvertrag, ließ man die Kölnische Rundschau wissen.